1981
Anfang 1981 arbeite ich mit
einer Gruppe Heidelberger Studenten unter Führung von Prof. Jan Assmann und
Karl-Joachim Seyfried im thebanischen Grab Nummer 41[1]. Gegen
Ende der Kampage in Theben-West entscheidet sich ein Teil der Mannschaft, die
zwei letzten Tage vor der Heimreise miteinander am Roten Meer zu verbringen.
Zu den jungen Archäologen
stößt Edgar Pusch, der am Anfang der 80er als Ausgrabungsleiter von Quantir /
Pi-Ramesse[2]
bekannt wird. 1983 und 1984 habe ich dann an den Expeditionen des Hildesheimer
Pelizäus Museum nach Qantir teilgenommen. (Link to Pi-Ramesse on Wikipedia)
Abbildung 1 Theben West 1981
Die Gelegenheit zu dem
kleinen Abstecher ergibt sich, da die Küstensträße erst kürzlich - sieben Jahre
nach dem Jom Kippur Krieg - wieder für
den zivilen Verkehr freigegeben worden war.
Wir fahren mit zwei VW
Bussen (der weiße der österreichischen Botschaft und meinem blauen Bulli) durch
das Wadi Hammamat vom Niltal nördlich Luxor Richtung Küste und halten unterwegs
immer wieder an, um in den Felsen nach den Originalen jener altägyptischen Expeditionsberichte zu suchen, die einer der
Kollegen, K.J. Seyfried, in seiner Dissertation behandelt hat.
Abbildung 2 Halt im Wadi Hammamat. KaJoSey und Petra auf Inschriftensuche
Am Küstenort Qusseir biegen
wir nach Norden ab. Rechts und links entlang der Straße Stacheldrahtabsperren,
kaum einmal unterbrochene , teilweise im Sand verweht und noch sporadisch mit
Schildern versehen, die vor der Minengefahr mit roten Totenköpfen warnen.
Am späten Nachmittag
passieren wir den Industriehafen von Safaga und erreichen mit dem letzten
Tageslicht eine langgezogene menschenleere Sandstrandbucht. An ihrem nördlichen
Ende thront eine riesige komische Torte, die sich beim Näherkommen als ein
Sheraton Hotel entpuppt. Es ist das einzige Hotel weit und breit. Natürlich ist
es für uns zu teuer, aber dem Hotel direkt angeschlossen sind einige kleine einfache
zweistöckige Häuser, wo wir uns einmieten.
Abbildung 3 Die "Torte" südlich Hurghada
In der Stille des nächsten
Morgens blicken wir auf das weite Rund der Küste vor den roten Bergen der
westlichen Wüste und entdecken auf dem Sandstrand zwei alte Unimogs.
Sudanfahrer, die gestern spät angekommen sind und hier übernachtet haben.
Abbildung 4 Heutige
Ansicht der Bebauung südlich des Sheraton Hotels
(Pfeil) mit Vergößerung des Hotels (erstellt aus Google Maps April 2012)
Wir fahren sogleich hinüber
in das kleine Fischerdörfchen Ghardaqa und kaufen für das Frühstück ein. Danach
packt mich eine Unruhe.
Seit Kindesbeinen an
fasziniert mich die Unterwasserwelt und ich will unbedingt das Tauchen mit dem
Pressluftgerät ausprobieren. Zuhause habe ich eine Menge Bücher auch zur
Theorie und Praxis des Gerätetauchens, die ich regelmäßig immer wieder
durchgelesen habe.
Unten am Basement des
Sheraton entdecke ich einen Zugang zu einem unbeleuchteten Magazinraum, in dem
offensichtlich die Leihausrüstung des Hotels zum Gerätetauchen gelagert wird.
Aber ich habe kein Brevet.
Egal – ich laufe den kurzen
Weg zur Unterkunft zurück und krame einen Uni Ausweis hervor. Als sich am
Magazin etwas rührt, marschiere ich schnurstracks zu dem jetzt anwesenden
Verwalter.
Ich zeige dem freundlichen
Ägypter mein „deutsches Brevet“ und versuche dabei, einen ernsten festen Blick
aufzusetzen. Nach erstem Zögern lässt er sich schließlich überzeugen, mir einen
Anzug, Blei, Tank und Regler zu vermieten. überglücklich schleppe ich das
schwere Zeug zu unserem kleinen Strandlager, wo die ganze Bande schläfrig im
Schatten liegt.
Abbildung 5 Die "Strandbasis" mit Einsiedlerkrebs auf
dem Tisch
Den Kopf von der Liege
leicht anhebend fixiert mich Edgar mit einem Auge „Chapeau, Herr Cousteau.
Frechheit siegt“.
Ich hole meine ABC
Ausrüstung aus der Expeditionskiste, setze den Regler auf die Flasche und öffne
das Ventil zum Test. Funktioniert.
Sofort in den Anzug
geschraubt und dann den Rest bis auf die Flossen angelegt.
So ausstaffiert laufe ich
hinaus in hüfthohes Wasser und schwimme dann mit Hilfe des Schnorchel und bei
fast ausgeglichenem Auftrieb hinaus zum Riff. Hier probiere ich das erste mal
aus, wie es ist, unter Wasser zu atmen. Ich bin begeistert und nehme die
exotische Umgebung bei der Beschäftigung mit der Technik noch gar nicht richtig
wahr.
Abbildung 6 Den Anzug hatten wohl die Calypso Taucher hiergelassen
Es ist ein unglaubliches
Erlebnis, einen lange gehegten Traum hier wahrmachen zu können. Erst mit der
Zeit gewöhne ich mich mehr an den mitgeschleppten Ballast und kann mir die
herrliche Vielfalt der Unterwasserwelt genauer betrachten.
1988 -
1992
Ich bin seit acht Monaten
alleine unterwegs und fahre mit einem kleinen Nissan pickup für ein Jahr einmal
rund um das Mittelmeer. Anfang Mai kam ich in die Türkei, dann Syrien, war dort
unter anderem oben im Norden entlag des Khabour Fluß unterwegs und schließlich
hier in Jordaniens Hafenstadt Aqaba gelandet. Mehrfach hatte ich dabei die
Fährte von El-Awrence gekreuzt, Mittags ist es 50 Grad im Schatten und als ich
mit dem Wagen in Aqaba ankomme, fällt an einer Bodenwelle die Coladose vom
Armaturenbrett auf den Boden. Mit einem Knall explodiert sie und mit lautem
Zischen sprühte das heiße süße Gebräu durch die ganze Kabine.
Die Fähre nach Nuweiba auf dem
Sinai verkehrt nur einmal wöchentlich und ich habe mich am Strand zwischen den
aufgereihten Zelten jordanischer Familen eingeparkt. Hier warte ich in der
Sommerhitze noch zwei Tage, um nach Ägypten überzusetzen.
Vom Nachbarzelt kommt
häufiger ein Junge rüber und wir unterhalten uns auf Englisch und Arabisch. Er
erzählt mir auch von „Ghardaqa“ und wir bekommen heraus, dass es mit Hurghada auf den Karten identisch sein muss.
Irgendwer muss die Konsonanten so durcheinandergewirbelt haben, dass der heute auf den Karten vermerkte Name so
verbalhornt wurde.
In Nuweiba angekommen
übernachte ich vor einem Dive Centre, das dem Alter nach wohl von den Israelis
aufgebaut worden war und von Ägyptern nach dem Friedensabkommen und Abzug der
Israelis fortgeführt wird.
Erst nach vier Wochen
Aufenthalt in Ägypten kann ich mir aber drei Tage reservieren, um auf der
Rückfahrt nach Norden aus Assuan über die Strecke zwischen Edfu und Marsa Allam
in Hurghada Station zum Tauchen zu machen.
Abbildung 7Auf der Wüstenstaße 1988. Die weißen Markierungen
dienen Militärjets zur Orientierung.
Ich lande an der gleichen
Stelle wie 1981, nur dass das vormals völlig leere Küstengelände nunmehr
durchweg bebaut ist. Ich komme im El-Samakah unter, wo sich auch die Tauchbasis
von Sub Aqua befindet.
Und jetzt werde ich ein
„ordentliches“ Brevet ergattern. Renate Schai ist Ausbilderin und von ihr
erhalte ich nach drei Tagen den CMAS One Star. Das Tauchlog weist die
Tauchplätze „Erg Somaya“, „Rug Giftun“, „Careless Reef“, „Policeman“, „Giftun
Kebira“ und „Shaab Rur Umm Gamar“ auf. Einen schönen überblick und Details
biete der in der Fußnote genannte teilweise interaktive Link vom dem die
übersichtskarte übernommen wurde.
Abbildung 8 Entnommen der
Website https://www.tauchenunterfreunden.de/tauchplaetze.html
Abbildung 9 Tauchboote Ende der 1980er Jahre
Für fünf Monate kehre ich
Ägypten den Rücken, nur um mich im Januar 1989 an gleicher Stelle wieder der
Faszination des Tauchens zu widmen. 1992 komme ich noch einmal in das El
Samakah und zu Sub Aqua zurück und habe das Glück, nicht nur fast alle
Tauchplätze rund um Hurghada kennenzulernen sondern auch viele freundliche
Menschen, deren Begeisterung an der Unterwasserwelt so groß ist wie die meine.
2012
Zwischenzeitlich hatte ich
in den frühen 90ern eine Unterwasserexploration an einem römischen Schiff vor
Tunesien begleitet, später hier und da unregelmä Tauchgänge
absolvieren können. Aber die Riffe des Roten Meeres will ich unbedingt
wiedersehen. So reise ich Mitte März
wieder nach „misr“.
Vor 20 Jahren war ich
zuletzt in Ägypten. Die aktuellen politischen Veränderungen verfolge ich aber
interessiert und drücke dem tapferen Volk die Daumen. Es ist eine traurige
Feststellung, dass sich viele von den politischen Umwälzungen abschrecken
lassen – schließlich erkämpft hier ein Volk seine Freiheit und ringt nun um
die neue Form der Selbstbestimmung. Das ist ja eigentlich Grund für ein Fest
und ruft nach jeder Form der Solidarität, die wir vom nahen Europa aus
leisten können. Die niedrigen Besucherzahlen sorgen aber für das
wirtschaftliche AUS so mancher Unternehmung und das ist am Zustand mancher
Gebäude abzulesen. über die politische Lage und die Zukunft rede ich mit
einigen Ägyptern und lerne so ihr Bild von der Entwicklung kennen.
Dass sich dieses Stadtbild
so entwickeln würde, war spätestens dann klar, als meine Frau mit der
hessischen Sportjugend Anfang der 1990er Jahre in Ägypten war und dabei auch Hurghada
besuchte. Der Bürgermeister empfing die Delegation und gab Einblick in die
Bebauungs- und Infrastrukturpläne, die keinen Zweifel daran ließen, dass die
Küste zugebaut wird. Und noch irritierender: Es bestand damals offensichtlich der Plan,
etwa ein Drittel der Einwohner Ägytens in dieser Gegend anzusiedeln. Trinkwasser und Elektrizität
sollten aus dem Niltal hierher geleitet werden.
Mit dem Shams Safaga Dive
Centre habe ich auf der Boot Düsseldorf im Januar am Stand Kontakt aufgenommen
und bin somit schon ein wenig vorbereitet.
Am nächsten Morgen – die
Ausrüstung habe ich am Ankunftstag zusammengesucht – beginnt eine Tauchwoche
voller herrlicher Erlebnisse. Die Leitung
und Mitarbeiter der Station sind locker und freundlich, die bunte Mischung der
Buddies aus vielen Ländern läßt die fröhliche Stimmung mit viel Humor nie
versiegen.
Vielleicht sehen wir uns mal
in Ägypten wieder !
Abbildung 10 Early Morning Chat an der
Basis
Abbildung 11 Susi erklärt die Unterwassertopographie des Tauchplatzes in Ermangelung
von Karten anhand ihrer Garderobe
Abbildung 12 Pterois volitans. Juvenil.
N.B.: Gelbfärbung der Antennen
Abbildung 13 Tridacna Maxima
Abbildung 14 Lunch Ready. Das was hier in
der winzigen Küche an Bord gebruzzelt wird, stellt jede Hotelküche weit in den
Schatten.
Hier ist
noch ein kleiner Youtube Film verlinkt, den ich mit der nachstehend
beschriebenen selbstgebastelten Ausrüstung gedreht habe. Die Fotos oben sind
teilweise aus dem Film kopiert.
Minimal
Video Ausrüstung im Selbstbau
Die Video Kamera ist eine GoPro
Hero HD 1, die ich auch am Auto, dem Fahrrad oder beim Segeln einsetze. Das
Gehäuse ist bis 60 Meter wasserdicht und ein Display vermisse ich nicht
wirklich. Ein planer Linsenvorsatz von Blurfix sorgt dafür, dass die von
geänderter Lichtbrechung unter Wasser beeinträchtigte automatische Scharfstellung der Kamera wieder
möglich ist. Zusammengesetzt mit einer kleinen 4.5 Volt LED Lampe mit 5500
Kelvin und einem breiten Lichtkegel unternehme ich mit dieser Kombination
testweise Aufnahmen für Unterwasservideos. Und lerne viel und weiß, dass ich
noch mehr lernen muss.
Abbildung 15 Die Einzelteile
Abbildung 16 Komplett montiert mit Verlängerung
2013
Wieder ist es
März und ich hatte mich aus verschiedenen Gründen zu einem Revier weiter im
Süden entschieden. Die Wahl fällt auf die Tauchbasis „The Oasis“
von WernerLau.com und Sinai Divers. Ich muss gestehen, dass mich die Strukturiertheit
dieser Basis nach dem Nachtflug zunächst überfordert hat und ich mich erst
langsam an die Regeln gewöhnt habe. Die sind freilich bei der Zahl der Gäste
erforderlich, um nicht komplett im Chaos zu versinken. Immerhin verfügt das
Resort über mehr als vierzig Bungalows. Während meines Aufenthalts war jedoch
nur ein Teil gebucht. Management und Angestellte von Hotel und Basis sind
professionell und die Atmosphäre ist familiär. Das größte Lob gebührt den aufmerksamen, hochkompetenten
und sehr freundlichen Dive Guides vor Ort.
Meine
komische Kameralösung von 2012 habe ich durch eine ganz andere komische Lösung
ersetzt, wobei zwei weitere 600 Lumen Lampen mit 90
Grad Abstrahlwinkel (von Underwater Kinetics) auf zwei Flexi Armen (Auslaufmodelle)
hinzugekommen sind. Das Ganze montiert auf einem Gartenschlauchhalter, auf den
ein dickes Plexiglas als Montageplatte gesetzt ist.
Die
notwendigen Auftriebskörper habe ich aus einem Polystyrol Hartschaumblock (Erhältlich
bei www.modulor.de) mit der Stichsäge und dem Lochbohrer geschnitten und über
die Flexarme gezogen, wo sie vor dem Einsatz mit
Einmachgummis am Platz gehalten werden. Die Lampe aus 2012 ist fest neben der Kamera
installiert.
In den kurzen
sieben Tagen des Aufenthaltes kamen so einige wenige Aufnahmen zustande, die
ein wenig besser sind als die vom letzten Jahr, dennoch freilich
professionellen Ansprüchen nicht genügen können und sollen. Sie haben den dokumentarischen
Charakter einer persönlichen Erinnerung. Volle HD Qualität habe ich nicht auf Youtube hochgeladen.
Am besten vom Standard auf 720 p Auflösung ändern.
Es gibt viel
zu sehen hier im Süden. Mehr als an den weiter nördlich gelegenen Riffen. Statt
mit dem Boot ist man hier oft mit dem Kleinbus zu den Buchten unterwegs. Das
Bootsleben über den Tag hinweg habe ich schon ein wenig vermisst. Aber das
fällt kaum ins Gewicht. Ein paar Highlights habe ich mir für den nächsten
Besuch aufgehoben …
[1] ASSMANN, JAN. Das Grab des Amenemope TT 41. Mit
Beiträgen von Machmud Abd el-Raziq, Petra Barthelmess, Beatrix
Gessler-Löhr, Eva Hofmann, Ulrich Hofmann, T.G.H. James, Lise Manniche,
Daniel Polz, Karl-Joachim Seyfried.
Mainz (Verlag Philipp von Zabern), 1991.